Im Herbst und Winter 2016/2017 beleuchtet die Liebieghaus Skulpturensammlung eine der bekanntesten Erzählungen des christlichen Kulturkreises: die Weihnachtsgeschichte. Die umfassende Sonderausstellung „Heilige Nacht. Die Weihnachtsgeschichte und ihre Bilderwelt“ widmet sich vom 12. Oktober 2016 bis 29. Januar 2017 den vielfältigen Ereignissen und facettenreichen Geschichten rund um die sogenannte „Heilige Nacht“ und nimmt deren Darstellungen in Skulptur, Malerei, Grafik und anderen künstlerischen Gattungen in den Fokus. Zu erleben sind insgesamt rund 100 kostbare Objekte aus über 40 internationalen Sammlungen, wie dem Metropolitan Museum of Art in New York, dem Kunsthistorischen Museum in Wien, dem Louvre in Paris oder den Vatikanischen Museen.
Der zeitliche Schwerpunkt liegt auf der Kunst des Mittelalters. Darüber hinaus führen ausgewählte frühchristliche Zeugnisse und einige barocke Exponate die überraschende Vielfalt an Bildthemen der Weihnachtsgeschichte eindrucksvoll vor Augen. Neben allseits bekannten Motiven wie der Verkündigung an die Jungfrau Maria oder der Anbetung des Jesusknaben durch die Hirten und die Heiligen Drei Könige wartet die Ausstellung mit vielen inzwischen weitgehend in Vergessenheit geratenen Erzählungen und Bildern auf. Dazu zählen Episoden wie Josephs Zweifel, die Beschneidung Christi oder die Wunder auf der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten. Schließlich können im Liebieghaus auch zwei große vielfigurige und hochbedeutende Krippenensembles aus Neapel und Tirol gezeigt werden.
Ziel der groß angelegten Sonderausstellung ist es, die Weihnachtsgeschichte in ihrer ganzen thematischen Bandbreite erfahrbar zu machen und zu einem neuen Verständnis der Bildwerke beizutragen. Die Schau bietet einen unterhaltsamen, spannenden und oftmals überraschenden Blick auf die mittelalterliche Kunst und eine Geschichte, die es lohnt, neu zu entdecken.

Die Ausstellung „Heilige Nacht. Die Weihnachtsgeschichte und ihre Bilderwelt“ wird unterstützt durch die Georg und Franziska Speyer’sche Hochschulstiftung.

Im Rahmen der Ausstellung veranstaltet die Liebieghaus Skulpturensammlung am dritten Adventswochenende unter dem Titel „Weihnachtszauber“ erstmalig einen Weihnachtsmarkt im Liebieghaus Garten mit festlichem Lichtermeer, Ständen mit ausgewähltem Kunsthandwerk und kulinarischen Spezialitäten sowie einem vielfältigen Vermittlungs- und Unterhaltungsprogramm für alle Altersklassen.

Die Ausstellung
Die Ausstellung in der Liebieghaus Skulpturensammlung fächert die erzählerische Vielfalt der Weihnachtsgeschichte anhand von zehn Kapiteln auf und bietet eine chronologische Erzählung von der Verkündigung an Maria bis zur Heimkehr der Heiligen Familie aus Ägypten.
Der Beginn der biblischen Weihnachtsgeschichte ist allseits bekannt: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde“, heißt es im Lukasevangelium. Der Lukastext hat sich in unserem Bewusstsein mit Motiven aus dem Matthäusevangelium zu einer Geschichte verwoben, welche die Ereignisse rund um die Geburt Jesu Christi, des Sohnes des christlichen Gottes, schildert. Doch die Weihnachtsgeschichte erzählt nicht allein davon, wie der göttliche Sohn als Mensch zur Welt kommt, sondern auch von seiner Verehrung durch einfache Hirten und weise Männer, den später so genannten Königen, von Gefahr und Flucht und sogar von Mord, schließlich aber auch von glücklicher Heimkehr. Dabei liefern die Evangelien lediglich knappe Basisinformationen und Andeutungen, ohne lebendige, erzählerische Details oder eine stringente Erzähllogik. Dieser Umstand führte bereits in antiker christlicher Zeit zu detail- und bilderreichen Schriften, die die spärlichen Angaben bei Lukas und Matthäus ergänzten und erweiterten. Vor allem so genannte apokryphe (altgriech. apokryphos: verborgen, dunkel), also von der Amtskirche nicht als gültig anerkannte Texte waren weit verbreitet. All diese Schriften reicherten die biblischen Berichte an und ließen sie lebendiger werden, denn sie enthielten motivreiche Schilderungen der Ereignisse, genauere Beschreibungen der biblischen Akteure, Anekdoten und wundersame Episoden. Auf diese Weise wurden erzählerische Lücken geschlossen und biblische Geschehnisse und Figuren konkretisiert, was dem Bedürfnis der Gläubigen nach zusätzlichen Informationen oder Erklärungen von Handlungsabläufen entsprach. Diese narrativen Weiterentwicklungen schlugen sich in der gesamten Bildproduktion christlicher Kunst nieder, beispielsweise in Andachtsbildern, Altären, Handschriftenillustrationen oder Glasfenstern. Auf diese Weise regten die bildlichen Darstellungen umgekehrt die Vorstellungskraft und Emotionen der Menschen an und intensivierten die Andacht.

In welchem Maße die ursprünglich wenig detailreichen biblischen Berichte schon in frühchristlicher Zeit und im Laufe des Mittelalters umfangreiche motivische wie erzählerische Erweiterungen erfahren haben, wird innerhalb der Ausstellung anhand von bedeutenden Exponaten nachvollziehbar: Dem mittelalterlichen Menschen genügten beispielsweise bald nicht mehr die wenigen Angaben zur Geschichte der Weisen aus dem Morgenland, die dem Stern folgen, durch den ihnen die Geburt des neuen Königs der Juden signalisiert wird. Mit der Zeit wurden die drei weisen Magier zu den uns heute geläufigen Königen Caspar, Melchior und Balthasar. Nicht nur in den Überlieferungen, sondern auch in den bildenden Künsten wurde die Reise der Könige immer detailfreudiger und prächtiger geschildert, das Interesse an Umfang und Ausstattung des Gefolges wuchs erheblich. Ein großes, wohl in Wien um 1490 gefertigtes Tafelgemälde aus Klosterneuburg führt diese Entwicklung eindrucksvoll vor Augen. Ein anderes Beispiel ist die Flucht der Heiligen Familie von Bethlehem nach Ägypten. Die Mehrheit der Darstellungen dieser Episode begnügt sich mit den zentralen Motiven und zeigt Maria mit dem Jesuskind auf dem Esel, begleitet von Joseph. Eines der qualitätsvollsten Kunstwerke dieser Art kommt aus dem Dom- und Diözesanmuseum in Trier: Die meisterhafte spätgotische Schnitzarbeit aus Lindenholz stammt aus der dortigen Welschnonnenkirche. Früh schon bildeten sich aber auch wundersame Begebenheiten aus, welche die Flucht nach Ägypten gegenüber dem kurzen Bibelbericht wesentlich opulenter wiedergeben. Einige dieser Episoden erlangen große Popularität in der bildlichen Darstellung. Laut apokrypher Schilderungen ereignen sich auf der Reise zahlreiche Wunder: vom Kornfeldwunder, durch das die Heilige Familie ihre Verfolger abschüttelt, und der Befriedung von Drachen durch das Jesuskind über das Palm- und Quellwunder, bei dem der Jesusknabe der Familie zu Früchten und Wasser verhilft, bis zum Zerbrechen der Götzenbilder im ägyptischen Sotinen beim Erscheinen des Kindes. Am häufigsten finden sich Darstellungen des Palmwunders: So gibt etwa ein kleines Lindenholzrelief in der Wiener Kunstkammer diese legendäre Begebenheit wieder, während ein 1509 datierter Holzschnitt von Lucas Cranach (1472–1553) das Motiv großformatig umsetzt.
Eine unübertroffene Veranschaulichung des weihnachtlichen Heilsgeschehens ermöglichen Krippen mit ihren frei arrangierbaren Figuren, die sich in der wohlbekannten Form im Laufe des 16. Jahrhunderts ausbildeten. Öffentlich ausgestellt in Ordens- und Pfarrkirchen fanden diese oftmals riesigen und in Landschaften integrierten Ensembles großen Zuspruch. Bald wurden Krippen vom Adel als religiöses und repräsentatives Sammelobjekt entdeckt. Im Zuge der Aufklärung des ausgehenden 18. Jahrhunderts wurden sie in unseren Breitengraden schließlich vorübergehend aus den Kirchen verbannt und hielten Einzug in den bürgerlichen Haushalt – hier nahm ihre Erfolgsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert ihren Anfang. Zwei großformatige und vielfigurige Krippenensembles aus Neapel und Tirol bilden den atmosphärisch eindrucksvollen Abschluss der Ausstellung.

Das kostenlose digitale Vermittlungsformat des „Digitorials“ bietet interessierten Besuchern die Möglichkeit, sich vor dem Museumsbesuch mit den Inhalten der Ausstellung vertraut zu machen. Das Digitorial ist ab dem 24. September 2016 abrufbar unter: heiligenacht.liebieghaus.de.

Weihnachtsmarkt zur Ausstellung
Anlässlich der Ausstellung „Heilige Nacht“ wird erstmalig der „Weihnachtszauber“ veranstaltet: Am dritten Adventswochenende verwandelt sich der Liebieghaus Garten in ein weihnachtliches Lichtermeer, das zum Staunen und Verweilen einlädt. An geschmückten Holzständen werden neben ausgewähltem Kunsthandwerk auch besondere Köstlichkeiten angeboten. Für Kinder und Erwachsene gibt es ein passend zur Ausstellung konzipiertes, vielfältiges Begleitprogramm mit kreativen Workshops, einem „echten“ Nikolaus, weihnachtlichem Puppentheater, einer Familienlesung und vielen weiteren Überraschungen. Der „Weihnachtszauber“ eröffnet am Donnerstagnachmittag, 8. Dezember 2016, mit einem Bläserkonzert und kann bis einschließlich Sonntag, 11. Dezember 2016, besucht werden.


Heilige Nacht. Die Weihnachtsgeschichte und ihre Bilderwelt

Ausstellungsdauer: 12. Oktober 2016 bis 29. Januar 2017
Pressevorbesichtigung: Dienstag, 11. Oktober 2016, 11.00 Uhr
Kurator: Dr. Stefan Roller (Leiter der Abteilung Mittelalter, Liebieghaus Skulpturensammlung)

Führungsservice und Information: www.liebieghaus.de, info@liebieghaus.de, buchungen@liebieghaus.de, Telefon: +49(0)69-605098-200, Fax: +49(0)69-605098-112
Fragen und Anregungen: +49(0)69-605098-232
Ort: Liebieghaus Skulpturensammlung, Schaumainkai 71, 60596 Frankfurt am Main
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr–So 10.00–18.00 Uhr, Do 10.00–21.00 Uhr, montags geschlossen
Sonderöffnungszeiten: Sa, 24.12.2016 geschlossen; So, 25., und Mo, 26.12.2016, 10.00–18.00 Uhr; Sa, 31.12.2016, geschlossen; So, 1.1.2017, 11.00–18.00 Uhr; Mo, 2.1.2017, 10.00–18.00 Uhr
Eintritt: 10 Euro, ermäßigt 8 Euro, Familienticket 18 Euro, freier Eintritt für Kinder unter 12 Jahren
Kartenvorverkauf unter: tickets.liebieghaus.de

Rahmenprogramm: Weihnachtsmarkt „Weihnachtszauber“: Do, 8.12.2016 (ab Nachmittag), bis So, 11.12.2016
Weihnachtliche Lesung mit Michael Quast: Fr, 16.12.2016, 19.00 Uhr, Einlass ab 18.30 Uhr, Städel Museum, Online-VVK-Preis: 10 Euro
Weitere Informationen und Programmangebote unter www.liebieghaus.de

Katalog: Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog im Hirmer Verlag, herausgegeben von Stefan Roller, mit Beiträgen von Stefan Roller und Fabian Wolf. Deutsche Ausgabe, 280 Seiten, Museumsausgabe 34,90 Euro

Audioguide: Der Audioguide führt in deutscher Sprache durch die Ausstellung. Der Preis für einen Audioguide beträgt 4 Euro, der Preis für zwei Audioguides 7 Euro. Ein Audioguide auf Deutsch speziell für Kinder ist kostenfrei erhältlich.

Öffentliche Führungen durch die Ausstellung: Do 18.30 Uhr, Sa 16.00 Uhr, So 15.00 Uhr sowie Mo, 26.12.2016, 16.00 Uhr. Teilnahme 4 Euro pro Person

Digitorial: Das Digitorial wird ermöglicht durch die Aventis Foundation. Ab 24.9.2016 kostenlos abrufbar unter heiligenacht.liebieghaus.de

Social Media: Die Liebieghaus Skulpturensammlung kommuniziert die Ausstellung in den sozialen Medien mit den Hashtags #HeiligeNacht und #Liebieghaus.

Mit Unterstützung von: Georg und Franziska Speyer’sche Hochschulstiftung

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